Donnerstag, 28. Mai 2009

die Krankheit


Ich kämpfe bis zuletzt, die Kinder brauchen mich
Roland Kaiser ist unheilbar lungenkrank. Im Exklusiv-Interview spricht er über das Leben mit der tödlichen Bedrohung, seine Familie und seine Hoffnung

Treffpunkt Hamburg. Gut sieht er aus in seinem weißen Hemd,
dem dunklen Sakko und dem rotem Einstecktuch. Roland Kaiser, 54, will eigentlich über seinen neuen Job als Kinderbuchautor sprechen. Doch dann wird es ein Gespräch, das unter die Haut geht. Denn der Schlagersänger ist ein
sehr kranker Mann und sehr tapfer…

Haben Ihre beiden Kinder Sie zu den Büchern angeregt?

Kaiser: Ja, Kinder schärfen den Blick für das Wesentliche. Ich bin ein sehr intensiver Vater, der ganz nah an seinen Kindern dran ist. Ich setze mich gern und viel mit Annalena und Jan auseinander.

Sie arbeiten sehr viel und das, obwohl Sie sehr krank sind…

Kaiser: Ja, vor sieben Jahren hatte ich zunächst einen harmlosen Husten. Aber plötzlich hatte ich das Gefühl, da stimmt was nicht. Ich ging zum Arzt und bekam die Lungenkrankheit COPD diagnostiziert. Sie ist nicht lustig, bringt mich aber auch nicht um. Wenn ich vernünftig lebe und gut medikamentös eingestellt bin, kann ich alles tun, was ich will. Ich muss nur ein deutlich langsameres Tempo als andere Menschen anschlagen und brauche längere Ruhephasen.

Was passiert bei dieser Krankheit mit Ihnen?

Kaiser: Einfach ausgedrückt: Der Gasaustausch von Sauerstoff und Kohlendioxid funktioniert nicht. Meine kranke Lunge macht da nicht mehr mit. Das heißt, ich habe permanent schlechte Luft in meiner Lunge, die zur Kurzatmigkeit führt. Wenn ich gut in Form bin, kann ich das lange Zeit kompensieren. Aber irgendwann lässt die Kompensation nach und dann muss ich Medikamente nehmen.

Und die Medikamente lindern die Symptome?

Kaiser: Ja, ich nehme sie alle vier bis fünf Stunden. Sie verändern mein Bronchialsystem so, dass ich ausreichend Luft bekomme.

Sie machen täglich Hanteltraining und fahren mindestens eine halbe Stunde Fahrrad. Ist das nicht zu anstrengend?

Kaiser: Nein, nein, nur das Maß muss stimmen. Ich will auf keinen Fall, dass meine Muskulatur anfängt sich abzubauen. Dann wäre der Sauerstofftransport gefährdet, und ich würde in einen bösen Teufelskreis geraten. Ich muss mich gegen die Krankheit wehren! Ich habe keinen Bock zu akzeptieren, dass sie mich lahm setzt. Die meisten Menschen mit dieser Krankheit lassen sich gehen, bäumen sich nicht auf. Für viele wäre diese Diagnose der Gang zur ewigen Arbeitslosigkeit. Für mich nicht! Ich kämpfe, ich gebe mich nicht auf!

Hilft es Ihnen, Kinder zu haben, weil Sie deswegen weiter da sein müssen und wollen?

Kaiser: Ja, klar. Sie brauchen mich. Meine Kinder wissen, dass ich diese Krankheit habe und gehen ganz selbstverständlich damit um.

Haben Sie Angst?

Kaiser: Wovor?

Dass Sie keine Luft mehr bekommen?

Kaiser: Nein. Ich habe Angst davor, dass meinen Kindern was passiert. Ich bin ein gottgläubiger Mensch. Ich komme da durch – das weiß ich. Ich kann diese Belastung tragen, bei der andere vor die Hunde gehen würden.

Und Ihre Frau Silvia? Ist sie nicht verrückt vor Sorge um Sie?

Kaiser: Ich habe ihr das genauso erklärt wie jetzt Ihnen. Ich habe zu ihr gesagt: ‚Hör zu: Wenn der da oben mich hätte haben wollen, hätte er mir Lungenkrebs geschickt. Tot Gesagte leben länger. Also lass es gut sein.‘ Meine Frau hat sich von meinem Optimismus anstecken lassen.

Gibt es Hoffnung, diese Krankheit je zu besiegen?

Kaiser: In der Forschung ist ein Medikament entwickelt
worden, das gerade in der Erprobung ist und spezielle
Rezeptoren enthält, die das Gas in der Lunge wieder aus-
tauschen. Darauf setze ich.

Bereuen Sie es, geraucht zu haben?

Kaiser: Ja, klar! Aber ich kann es nicht mehr ändern. Ich gucke nie nach hinten, immer nur nach vorne!

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